Wer sollte die Polizeikosten für die Bundesligaspiele tragen?

Wer sollte die Polizeikosten für die Bundesligaspiele tragen?

In den ersten fünf Ligen des deutschen Profifußballs belaufen sich die Kosten für die Polizeieinsätze auf rund 120 Millionen Euro jährlich. Bisher wurden diese Kosten alleine aus den Steuergeldern beglichen. Es wurde jedoch lange diskutiert, ob die deutschen Fußballvereine die Polizeikosten für die Bundesligaspiele mittragen sollen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) klagte gegen einen Gebührenbescheid des Bundeslandes Bremen. Für ein Spiel von Werder Bremen gegen den Hamburger SV sollte die DFL rund 425.000 Euro zahlen. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig fällte ein Urteil: Bundesländer dürfen der DFL für sogenannte „Hochrisikospiele“ eine Rechnung stellen.

Der Sicherheitsexperte Uwe Gerstenberg gibt eine Einschätzung zum Thema.

Wer sorgt für die Sicherheit?
Um die Diskussion nachvollziehen zu können, ist es wichtig, die Rolle der einzelnen Akteure zu kennen. Bei den Spielen der deutschen Bundesliga arbeitet die Polizei eng mit den Vereinen zusammen. Bereits vor der Saison werden Sicherheitskonzepte erarbeitet. Dabei wird berücksichtigt, welche Vereine und Fangruppen aufeinandertreffen. Denn die Sicherheit bei einer Großveranstaltung ist das oberste Gut. Falls Fangruppen als besonders gewaltbereit gelten, spricht man von „Hochrisikospielen“. Die Sicherheit bei einem Bundesligaspiel muss außerhalb und innerhalb des Stadions gewährleistet werden.

Außerhalb des Stadions ist die Polizei für die Sicherheit verantwortlich. Sie sichert die Wege zum Stadion. Dafür werden Beamte an Bahnhöfen, Autobahnabfahrten und an bestimmten Wegpunkten zum Stadion positioniert. Bei einem „Hochrisikospiel“ werden mehr Beamte eingesetzt als bei einem „normalen“ Spiel.

Innerhalb des Stadions, dem Veranstaltungsgelände, ist der Veranstalter für die Sicherheit verantwortlich. Da es sich bei einem Profifußballspiel um eine kommerzielle Großveranstaltung handelt. Für die Sicherheit im Stadion greifen die Vereine auf Dienstleister aus der Sicherheitsbranche zurück. Das Sicherheitspersonal wird überall im und rund um das Stadion eingesetzt. Es werden Taschen von den Zuschauern durchsucht, die Parkplätze beaufsichtigt und die Besucher auf die Zuschauerränge verteilt. Diese Arbeit wäre ohne die Unterstützung der Polizei gar nicht möglich.

Ist die Sicherheit durch die Polizei eine Dienstleistung?
Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht Leipzig heizt die Diskussion weiter an. Viele Bürger fürchten nun, dass die Arbeit der Polizei eine Dienstleistung sei. Doch die Wahrung der öffentlichen Sicherheit, durch staatliche Organe, ist und wird keine Dienstleistung. Es geht um den Mehraufwand für die Polizei bei den „Hochrisikospielen“. Die normalen Einsätze im Rahmen eines Fußballspiels sollen nicht in Rechnung gestellt werden. Die Spiele mit den sogenannten „erlebnisorientierten Fußballfans“ (Hooligans) bedeuten einen großen Aufwand für die Polizei. Es werden zusätzliche Kräfte aus anderen Städten benötigt und viele Beamte müssen Überstunden leisten.

Die rechtliche Grundlage für eine Beteiligung an Einsatzkosten existiert bereits. Im Polizeirecht gibt es den sogenannte Zweckveranlasser. Darunter versteht man jemanden, der die öffentliche Sicherheit nicht selbst stört oder gefährdet, der aber Dritte hierzu veranlasst, obwohl sein Verhalten selbst rechtmäßig ist. Als zusätzliche Voraussetzung muss die Störung in objektiver Hinsicht typischerweise und zwangsläufig die Folge sein. Somit können dem Veranlasser – also dem Veranstalter – teilweise die Einsatzkosten in Rechnung gestellt werden.

Ein häufiges Argument gegen eine Beteiligung an den Einsatzkosten ist das Oktoberfest. Dort müssen sich die Veranstalter nicht direkt an den Kosten beteiligen. Das bayrische Volksfest findet allerdings nur jährlich statt, die Spiele der Bundesliga wöchentlich. Des Weiteren zahlen die Schausteller auf dem Oktoberfest eine hohe Pacht an die Stadt, in der die Kosten zumindest teilweise enthalten sein dürften.

Manche Fußballfans sehen jetzt die DFL und Vereine im Zugzwang. Es läge durch das Urteil noch stärker im Interesse der Veranstalter, gegen die Strukturen gewaltbereiter Fans stärker vorzugehen. Um zukünftig keine hohen Polizeikosten tragen zu müssen. Wenn Hooligans von den Spielen ausgeschlossen werden, könnten sie keine Randale im Stadion veranstalten. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass sich die Krawalle in den öffentlichen Raum verlagern könnten. Bei einer Verlagerung würde die Polizei nicht entlastet werden.

Was bedeutet das Urteil für Organisatoren von Großveranstaltungen?
Aber ob die Vereine in Zukunft für die Kosten aufkommen sollen oder die DFL, ist zurzeit noch nicht geklärt. Denn im Fall von Werder Bremen ging der Gebührenbescheid an den Organisator der Bundesliga, der DFL. Nach der DFL sind jedoch die Vereine für die Sicherheit verantwortlich. Auch die Erlöse des Ticketverkaufs kommen zum Großteil den Vereinen zugute.

Bei den hohen Polizeikosten stellt sich die Frage, inwieweit die Einsätze langfristig auch von Vereinen aus den unteren Ligen bezahlt werden können. Ob nun viele Bundesländer dem Beispiel aus Bremen folgen werden, ist ungewiss. Der bayrische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte bereits an, dass er die Polizeieinsätze für Risikospiele in Bayern weiterhin aus den Steuergeldern finanzieren möchte. Ein Teil der Fans würde einen Polizeikosten-Fond begrüßen. Die DFL könnte einen Teil der Fernsehgelder dort einzahlen, um so die Einsätze zu bezahlen.

Das Urteil kann sich aber nicht nur auf den Profifußball auswirken. Theoretisch könnten nun Länder die Einsatzkosten für die Sicherung von Musikkonzerten oder Volksfesten den Veranstaltern in Rechnung stellen. Gerade bei Großveranstaltungen sind nachhaltige und maßgeschneiderte Sicherheitskonzepte notwendig.

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